Die Chroniken von Alice #1 - Finsternis im Wunderland

Titel: Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland
englischer Titel: Alice
Reihe: Ja - Band 1 der - Die dunklen Chroniken- Buchreihe
Sprache: Deutsch
Autor:  Chrstian Henry
Verlag: Penhaligon
 Genre:  Fantasy / Horror
ISBN: 978-3-764532345
Preis: 18,00$ (D) Hardcover
Seiten: 352
empfohlenes Alter: ab 15 Jahren
Erschienen: 15. März 2020


„Ich kann nicht zurück, Alice. Ich kann nicht den Rest meines Lebens als Motte verbringen, die mit den Flügeln gegen ein Glas schlägt. Lieber würde ich im Maul des Jabberwock krepieren als das.“



Seit zehn Jahren ist Alice in einem düsteren Hospital gefangen. Alle halten sie für verrückt, während sie selbst sich an nichts erinnert. Weder, warum sie sich an diesem grausamen Ort befindet, noch, warum sie jede Nacht Albträume von einem Mann mit Kaninchenohren quälen. Als ein Feuer im Hospital ausbricht, gelingt Alice endlich die Flucht. An ihrer Seite ist ihr einziger Freund: Hatcher, der geisteskranke Axtmörder aus der Nachbarzelle. Doch nicht nur Alice und Hatcher sind frei. Ein dunkles Wesen, das in den Tiefen des Irrenhauses eingesperrt war, ist ebenfalls entkommen und jagt die beiden. Erst wenn Alice dieses Ungeheuer besiegt, wird sie die Wahrheit über sich herausfinden – und was das weiße Kaninchen ihr angetan hat …



Dieses Cover - oder auch die Machart der gesamten Reihe - bildet für mich in diesem Jahr wirklich ein Highlight. Dabei könnte man auf den ersten Blick eher sagen, das die Silhouette eines Kaninchens nicht gerade als einfallsreich gilt. Besonders da wir hier ja von Alice im Wunderland reden. Kaum eine andere Figur wird wohl so sehr mit ihr gleichgesetzt. Doch sobald man sich den Buchschnitt anschaut, ist man wohl spätestens hin uns weg. Kaninchenspuren! Und sie sind nicht einfach nur aufgedruckt, sondern führen tatsächlich einen Weg entlang. Dazu ein wirklich toller Spruch. Schön. So vermittelt schon alleine das ein unterschwelliges Gefühl von Bedrohung.

 
 Einmal ein Cover, das unserem deutschen bis auf wenige Details gleicht, das andere eher älter gehalten. Dieser Band schaffte es übrigens erst nach gut 5 Jahren zu und nach Deutschland.
 

 
 Erster Satz - Wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, sich bis ganz nach oben streckte, die Wange an die Wand legte und den Kopf nach links drehte, konnte sie durch die Gitterstäbe gerade so den Rand des Mondes sehen. 

Seit vier Jahren gibt es für Alice kaum mehr als die gleichen vier Wände. Seitdem ihr ein Kaninchen schreckliches angetan hat und sie blutüberströmt zurück nach Hause gefunden hat, dauerte es nicht lange bis sie nicht mehr in das perfekte Bild ihrer Familie passte. Sie wurde abgeschoben und vergessen. Alice weiß das.
Ihr einziger Lichtblick ist Hatcher. Er lebt in der Zelle neben ihrer und sie unterhalten sich oft leise durch das kleine Mauseloch. Hatcher ist ein Axtmörder, doch für Alice ist er alles, was sie hat. Und so verschwimmen die Tage ineinander, bis eines Tages ein Feuer in der Anstalt ausbricht. Ihr und Hatcher gelingt die Flucht, doch der Preis ist hoch. Denn noch etwas anderes entkommt mit ihnen aus dem verhassten Gebäude. Etwas abgrundtief Böses. Und plötzlich sind es Hatcher und Alice, die gegen ein unbekanntes grauen ins Feld ziehen müssen. Für die Welt, aber auch für sie selbst, denn nur so wird Alice herausfinden, was damals mit dem Kaninchen wirklich geschehen ist.


Die Charaktere, welcher der Autor uns hier zeichnet, sind nicht gerade die liebenswertesten Wesen, auf die man treffen könnte. Zwischen verrückten, Mördern, Vergewaltigern und noch viel Schlimmeren gilt es die weniger grausamen zu finden. So zum Beispiel Hatcher. Er ist ein mehrfacher Axtmörder, ihm gefällt das Töten und hat auch wenig Skrupel das auch zu tun. Doch über dem hinaus besitzt er auch eine sehr sanfte Seite. Er würde nie einem Mädchen Gewalt antun, hat einen seltsamen Beschützerinstinkt Alice gegenüber. Ja, ich würde es schon als verdrehte Liebe ansehen. Gleichzeitig erfährt man aber auch wie er zu dem geworden ist, der er nun eben ist und hier zeigt sich, das hinter jedem Menschen eine Geschichte steckt und ja, manchmal kann man so einige Taten wirklich nachvollziehen. Bei Hatcher konnte ich das gut. 
 
 Bevor der Mann mehr tun konnte, als ein Bein über das Fensterbrett zu schwingen, war Hatcher über ihm. Er schlug den Mann mit der Linken hart ins Gesicht, zwei Mail, drei Mal. Dann ersetzte er ihm einen so heftigen Tritt in die Siete, dass Alice Rippen brechen hörte. Und dann stieß er den inzwischen bewusstlosen Pfleger aus dem Fesnter und blickte ihm nach, wüährend er nach unten in den Fluss stürzte. 

Auch Alice ist nicht einfach. Mit 16 Jahren kam sie in die Anstalt und wurde von ihrer Familie schnell vergessen. Was ihr blieb war ihre kleine Zelle, die Medikamente mit denen sie ruhiggestellt wurde und hin und wieder ein Pfleger, der sie grob zum Waschplatz zerrte. Mehr nicht. Jahre war sie dort gefangen und nun, als sie endlich entkam, verwundert es nicht, das sie mit der Welt kaum noch zurechtkommt. Ihr geistiges Alter ist irgendwo bei 16 hängen geblieben. Wie hätte es unter derartiger Abschottung auch anders sein können? So ist ihr Verhalten oft sehr unsicher und sie hält sich dicht an Hatcher, der als eine Art Beschützer für sie agiert. Das Verhältnis der beiden wird enger mit der Zeit, auch wenn ich mich - genau wie Alice was ich übrigens sehr interessant fand - fragte, ob sie in einem normalen Leben auch zueinander hingezogen fühlen würden, oder das ganze eher aus der Not heraus geboren war. 
 
Neben den beiden treffen wir aber auch noch auf eine Vielzahl anderer, der Originalgeschichte von Alice inspirierte Gestalte. Grinser, Raupe, das Walross und das Kaninchen. Der Weg von einem zum anderen ist geprägt durch Gewalt, Grausamkeit, Leid und Macht. Es malt ein Bild einer vergessenen, aufgegebenen Gesellschaft, um die sich die Politik nicht mehr kümmert. Die Figuren waren dabei sehr lebendig und es hat Spaß gemacht zu versuchen hinter ihre Masken zu schauen. Wer ist böse? Wer vielleicht nicht ganz so sehr? Von wem wird man aktuell benutzt? Mit diesen Fragen werdet ihr euch oft beschäftigen müssen. Denn das Böse hat oft wunderschöne Masken.  


Wenn die Story eins hat, dann ist es unglaublich viel Tempo. Alice und Hatcher fallen von einem Extrem in die Nächste. Haben kaum zeit zum Atemholen. Schnell merkt man, das es gerade diese Extreme sind, die die Story tragen, auch wenn dadurch der eigentliche Weg unserer Helden bald sehr vorhersehbar ist. Die Stationen überraschen dann aber doch mit ihrem Aufbau. Die Bosse der einzelnen Distrikte haben alle ihre eigenen Ziele, Macht, Geld, Magie. Und für jedes einzelne nutzen sie die Schwächeren aus. Mädchen sind zu einer Ware verkommen. Gebrochen, ausgenutzt, misshandelt. Man trifft viele von ihnen an den unterschiedlichsten Orten an. Leid und Blut geben sich die Klinke in die Hand, und doch schafft es der Autor dafür zu sorgen, dass es nicht stumpf wirkt. Er webt kleine Geschichten mit hinein und macht es sehr greifbar. Bedenkt man die ganze Stimmung, das Grauen und alles, muss ich jedoch zugeben, dass ich das Finale ein wenig Lachhaft fand. Es wurde alles auf die Begegnung mit dem Kaninchen und den Kampf mit dem Ungeheuer aufgebaut, richtig Hunger auf darauf gemacht und dann . . . tja . . . Zu wenig. Zu einem Mädchen passt das Ende vermutlich ziemlich gut, aber ich habe mich zwischendrin echt gefragt, ob der Jabberwock nicht vielleicht doch etwas blöd ist. Das war mir da einfach zu wenig. 
 

 Warum hat dieses Buch eigentlich keine Triggerwarnung? Das ist mit das Erste, was ich mir ziemlich schnell dachte. Denn es werden derart harte, ungeschminkte Themen aufgegriffen, das es diese eigentlich total verdient hätte. Als expliziter Horror wird es schließlich kaum wo gekennzeichnet. Doch Themen wie Vergewaltigung, Missbrauch, Verstümmelung und Co. reichen sich hier die Hand. Falls jemand solchen Szenen lieber aus dem Weg gehen will, der sollte hier definitiv die Finger von lassen. Denn Alice ist düster. Mehr als nur Düster. Die Welt, die der Autor malt und mit der Handlung der Originalgeschichte verwebt ist grausam, dunkel und oft einfach herzlos. Gleichzeitig aber auch spannend und voller Fragen. Selbst wenn man das Ende weglässt, was mir nach dem Buch einfach zu schnell und unspektakulär war, war es grandios. Aber man sollte den Horror darin nicht unterschätzen. Besonders dann nicht, wenn man eine lebhafte Fantasie hat.
 
 

Trotz des eher unspektakulären Endes ein Stück Fantasy-Horror, den man sich als Fan dieser Genres nicht entgehen lassen sollte. Sensiblere Leser sollten allerdings vielleicht eher die Finger von lassen.
 5 von 6 möglichen Krümeltörtchen ergaunert sich der erste Teil der Reihe und macht total Lust auf Band 2. ♥


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